Donnerstag, 21. Februar 2013

Der Angriff auf Wedel am 3. März 1943

Lied im Schutt
Und als ich über die Straße kam,
Schutt, nichts als Schutt,
als ich über die tote Straße kam,
da stand meine Mutter und sah mich an,
und sah mich aus den Trümmern an,
und huschte und wischte hin und her,
als wenns in den alten Stuben wär,
und weinte sehr.
Hans Leip 1943
Am 3. März abends war es stockdunkel. Der Mond war unter dem Horizont. In Wedel gab es Fliegeralarm. Die Bürger gingen in die Keller. Herr Möller von der Firma I.D. Möller stieg auf das Dach seiner Fabrik und sah von dort die Zerstörung seiner Heimatstadt an.
Der Angriff der RAF sollte eigentlich auf Altona um 21.15 Uhr beginnen Um 21.00 erreichte der Masterbomber der ersten Welle den Zielpunkt vor Finkenwerder. Die Elbverengung zwischen Finkenwerder und dem rechten Hochufer der Elbe und setzte dort rote und grüne Markierungsbomben. Ein weiterer Masterbomber der ersten Welle setzte seine roten Markierungsbomben vor Schulau/Wedel. Offensichtlich sind nach englischen Angaben mehrere Gründe dafür ursächlich. Fehlidentifizierung: Der Masterbomber setzte seine Leuchtbomben zwischen Hans-Kalb-Sand und rechtes Ufer. Es herrschte Ebbe und die Sände wurden mit der Enge der Elbe vor Finkenwerder angesehen. Durch die Anstauung der Wedeler Au wurde der Mühlenteich als Außenalster interpretiert. Aus dreitausend Meter Höhe sind die Größe von Wasser und Landflächen sehr schlecht zubestimmen
Der dritte Bomber setzte seine Markierungs-Leuchtbomben zwischen diesen beiden Punkten etwa bei Blankenese. Dann kam hinzu, dass der Pilot sich nach der Verteilung von Land und Wasser und nicht nach bewohnten und unbewohnten Gebiet orientierte.
So kam es, dass die Masse der 314 Bomber ihre 259 Sprengbomben, 22 Luftminen (Wohnblockknacker) 20000 – 25 000 Stabbrandbomben hauptsächlich auf die kleine Stadt Wedel und Schulau und Rissen fallen ließen.
Im „bombensicheren“ Bunker unter dem Rathaus, der mit sehr starken Metalltüren verschlossen wurde, hatte sich die Männer der Kommandozentrale des Luftlagedienstes versammelt und hier hatten sich auch viele Menschen der Bevölkerung in Sicherheit gebracht. Gleich beim Beginn der Bombardierung traf eine Luftmine das Rathaus und die schweren Metalltüren des Bunkers flogen davon. Die Menschen schrien hysterisch in ihrer Todesangst. Das Dach der Kirche wurde von Phosphorbrandkanister schwer getroffen. Der Turm brannte wie eine Fackel. Der Turm stürzte später nach vorne und zerschellte auf dem Kirchenplatz. Bahnhofstr., Spitzerdorfer Str., Mühlenstr., die ganze Innenstadt brannte und auch der Roland auf dem Markt bekam sein Teil ab. Die Kirche nur eine eine Ruine. Gasthöfe,Bauernhöfe wurden komplett vernichtet. Ein Knecht auf dem Hof von Röttger gelang es das Vieh aus den Ställen zu retten.
Am nächsten Tag saßen die verstörten Wedeler vor ihren zerstörten Häusern. Es gab kein Strom, kein, Gas, kein Wasser, kein Telefon. Die Stadtwerke und Schulen waren zerstört. Die Meierei am Rosengarten war vernichtet.
Die Bauern wussten nicht wohin mit der Milch. Das Rote Kreuz versorgte die Verletzten. Über 865 Häftlinge des Außenlager Wedel des KZ Neuengamm und russische und französische Kriegsgefangene mussten Verschüttete und Leichen bergen, Blindgänger ausgraben und entschärfen, Brandsätze und Bomben sammeln und am Elbestrand aufschichten. Wohnraum, Lebensmittel, Möbel wurden in den umliegenden Ortschaften beschlagnahmt. Die obdachlosen Menschen mußten untergebracht werden. „Nur“ 37 Tote hatte dieser erste Großangriff der RAF im Hamburger Raum gekostet. Es sollte noch schlimmer kommen.
Heiner Fosseck
 
Lied im Schutt

Und als ich über die Straße kam,
Schutt, nichts als Schutt,
als ich über die tote Straße kam,
da stand meine Mutter und sah mich an,
und sah mich aus den Trümmern an,
und huschte und wischte hin und her,
als wenns in den alten Stuben wär,
und weinte sehr.

Und als ich über den Torweg kam,
Schutt, nichts als Schutt,
als ich über den toten Torweg kam,
da stand mein Bruder und lachte mich aus
und war von den Flammen ganz klein und kraus
und sang von unserer Kindheit ein Lied,
von der Zeiten Glück und Unterschied
ein trauriges Lied.

Und als ich über den Garten kam,
Schutt, nichts als Schutt,
als ich über den toten Garten kam,
da standen meine Schwestern drei
und fragten, ob ich es wirklich sei
oder nur die Vergangenheit,
und alle trugen ein schwarzes Kleid
wegen der toten Vergangenheit.

Und als ich über den Schulhof kam,
Schutt, nichts als Schutt,
als ich über den toten Schulhof kam,
da stand mein alter Lehrer so grau
und wusste das Gute und Böse genau
und wies mit dem Finger nach hier und dort
in der Menschheit Irrsinn und Brand und Mord
Hans Leip 1943


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