Samstag, 12. Januar 2013

Der Untergang der Marianne Wehr




  • Vor fast 50 Jahren, in der Nacht zum 14. Oktober 1963 geschah das heute noch nicht in Blankenese vergessene Unglück.


    Bei schwerem Sturm verschwindet nordwestlich Feuerschiff Elbe 1 das Hamburger Küstenmotorschiff Marianne Wehr (499 BRT), das sich mit einer Ladung granulierter Hochofenschlacke auf der Reise von Südengland nach Lübeck befand, nahezu spurlos. Vermutlich kenterte das Schiff und sank so schnell und überraschend, dass kein Notruf mehr abgesetzt werden konnte.  Alle neun Besatzungsmitglieder fanden den Tod. Sie trieben fünf bis neun Stunden in der kalten Nordsee. Der 31 jährige Kapitän teilte den Reeder Wehr 25 Minuten vor dem Untergang in einem Seefunkgespräch mit, dass das Schiff durch übergehende Ladung etwa 25 Grad Schlagseite bekommen hat und das für das Schiff keine direkte Gefahr besteht, aber er um Assistenzhilfe bittet. Das Schiff lief bei Windstärken aus Nordost 8 – 10 vor dem Wind her und mit den Wellen. Es hatte mit fünf Meter hohen Wellen von Backbord achtern zu kämpfen, wie das Hamburger Abendblatt am 15. Oktober 1963 berichtete
    Das Schiff war erst 1957 gebaut worden und hatte etwa acht baugleiche Schwesterschiffe. Fünf dieser Küstenmotorschiffe sind untergegangen. Außer der Marianne Wehr, die Hohenlinden, Wilhelm, Hoheneichen, Stormarn. Nur zwei dieses Schiffstyps erreichten ihr Ende unter den Schneidbrennern.

    10 Jahre später schrieb DER SPIEGEL am 10.04.1963 Das deutsche Küstenmotorschiff "Wilhelm" -- 499 Bruttoregistertonnen, Baujahrgang 1958 -- befand sich mit Getreide auf der Reise von Bremen nach Südnorwegen, als Kapitän Claus Sievers, 64. am 1. April gegen fünf Uhr morgens vor der dänischen Küste einen Notruf absetzte: 50 Grad Schlagseite, Hilfe sei dringend erforderlich. Die Wilhelm war das fünfte Schiff einer baugleichen Serie von Küstenmotorschiffen, das auf See verloren ging.


    Der Hamburger Kapitän Kurt Gerdau mochte nicht ausschließen, dass dieser Schiffstyp -- "vielleicht eine Macke" haben, und zwar möglicherweise wegen der schlanken Heckpartie.Gerdau war zeitweilig selbst Kapitän der später verunglückten "Marianne Wehr" und "Hoheneichen". Auf das serientypische Fehlen eines "anständigen Schiffshintern mit Auftrieb" führt er zurück, dass er dort gelegentlich meinte "schwerelos zu sein":"Bei schwerer achterlicher See", erinnert sich Gerdau, "hatte ich immer das Gefühl, ich stünde auf einer Holzplanke, so labil benahm sich mitunter das Schiff, wenn man nicht mit der Fahrt herunterging." Und Fahrensleute wissen: Bei unglücklichem Zusammenwirken von Wellenlänge und eigener Länge, Wellengeschwindigkeit und eigener Geschwindigkeit kann ein Schiff -- insbesondere wenn es unzweckmäßig beladen ist -- so bei achterlicher See vollends die Balance verlieren und kentern.
     


     


    In Blankenese war man vom Untergang der Marianne Wehr besonders bestürzt und erschüttert. War doch der Blankeneser Steuermann Jürgen Haider allseits beliebt. Jürgen Haider wollte nach Beendigung der Reise in Lübeck seine Verlobte Gerda heiraten. Seine Braut erfuhr die schreckliche Nachricht im Haus ihrer Schwiegereltern am Blankeneser Strandweg.
    Heiner Fosseck



    :

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen