13. Tag. Fahrradreise durch
Ostdeutschland
Torgau – Wittenberg/ Lutherstadt
Von Torgau
nach Wittenberg/Lutherstadt sind es etwa 60 Kilometer. Aber bei dem noch immer
vorherrschenden Gegenwind sind das gefühlte 100 Kilometer. Es ist immer noch zu
kalt. Auf dem Elberradweg komme ich trotzdem gut voran. Die riesigen Rapsfelder
sind jetzt schon sehr gelb aufgeblüht. Das riecht unangenehm. Noch unangenehmer
riechen die vielen mit Gülle getränkten Felder. In Dommitsch an der Elbe ist
Gottesdienst in der schönen Kirche. Eigentlich findet der Gottesdienst in der
geheizten Winterkirche statt. Da der Gottesdienst schon angefangen hat, setze
ich mich in die Bankreihen der großen Kirche und höre mir die Predigt mit an.
Das mit dem Singen lasse ich nach, denn ohne Gesangsbuch geht das schlecht.
Aber das „Vater unser“ kann ich mit beten. Das kommt drinnen in der verglasten
Winterkirche gut an. Nach dem Gottesdienst wird geklönt, wo hin, wo her und so.
Ich schneide auf und erzähle den braven Leuten, dass ich aus Hamburg komme und
über Berlin und Dresden wieder nach Hamburg radele. In einer verräucherten
Kneipe in einem von Gott verlassenen Ort esse ich zu Mittag. Lautstark wird
hier geknobelt. Ich bin froh, dass hier überhaupt noch Menschen sind.
In Pratau,
einen Vorort von Wittenberg gibt es immer noch eine „Straße der DSF.“ Ich frage
einen jungen Mann; was das heißt. „Straße der Deutsch-Sowjetischen
Freundschaft“, ist die Antwort. Ich wusste schon, was die Buchstaben bedeuten,
aber da die Sowjetunion schon seit Jahrzehnten untergegangen ist, hätte man
auch hier schon mal eine Umbenennung vornehmen können. Aber vielleicht fühlen
sich Bürgermeister und Gemeinderäte in Pratau mit dieser Straße ganz wohl oder gibt
es hier noch hundertfünfzig prozentige Stalinisten?
Nach langer
Herumfragerei habe ich den Radweg über die Elbbrücke nach Wittenberge gefunden.
Einmal über dem Marktplatz und die Mütze vor dem Lutherdenkmal gezogen. Es
fängt in Strömen an zu regnen. Das nun auch noch. Ich teile meiner Frau per
Handy mit, dass ich heute am Sonntag noch von ihr in den Arm genommen werden
möchte. Ich habe von dem kalten und
nassen Wetter endgültig die Nase voll.
Fast sechs
Stunden benötigt die Bahn, um mich von Wittenberg nach Blankenese zu bringen.
Von Wittenberg nach Röslau. Dort umsteigen. Rad runter vom Bahnsteig, andern
Bahnsteig wieder hoch tragen. Röslau – Magdeburg das gleiche aber mit
Fahrstuhl. Magdeburg – Ülzen. Umsteigen mit Fahrstuhl. Der Bahnsteig voll mit
Leuten mit Wochenendtickets. Mein Rad und ich bekommen gerade noch Platz im
Fahrradwagen. Dann endlich im Hauptbahnhof angekommen und rein in die S-Bahn.
In Blankenese regnet es als ich im Haus ankomme. Die Fahrt ist glücklich und
ohne Blessuren beendet.
Das Leben ist
schön.
Heiner
Fosseck
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