BAHN Görlitz – Dresden
Dresden - Meißen
Sämtliche
Glocken in der Innenstadt von Dresden läuteten, als ich um 12 Uhr aus dem
Hauptbahnhof von Dresden trat. Hier vor dem Bahnhof habe ich jahrelang ein
tiefes großes Loch gesehen, dass jetzt aber mit Tiefgarage, Unterführungen und
Kellergeschossen gefüllt ist. Auch die überbreite Pragerstraße hat sich zum
Besseren gewandelt. Die schlichten großen DDR-Bauten sind jetzt Ibis-Hotels und
ein unglaublich großes Einkaufszentrum beherrscht die Einkaufswelt. Vor der
herrlichen Frauenkirche wurden mir wieder die Augen feucht. Es schiebt sich vor
meinem inneren Auge die unselige Trümmerstätte der ausgebrannten Ruine der
Frauenkirche. Drei fröhliche Kusinen bat ich, mich vor der Frauenkirche zu
fotografieren. Als Arbeitsbescheinigung, dass ich auch in Dresden war.
Ich habe
langsam den Eindruck, dass meine Fahrt durch Ostdeutschland immer mehr zu einer
Art Pilgerreise wird. Dazu trägt wohl auch bei, dass ich als abendliche
Bettlektüre „Dat ni Testament för plattdütsch Lüd“ lese. Naja, eigentlich nur
die Apostelgeschichte.
Mit dem Rad
durch „das“ Dresden, wo man mit dem Auto nicht hindarf. Fürstenzug, Semperoper,
Hofkirche und Zwinger u.s.w. Die Stadt bordet über von Touristen aus allen
Herren Ländern. Hier gibt es auch kaum Leerstände. Kneipen, Gaststätten in
einer Vielzahl, die westdeutsche Städte in den Schatten stellen. Dresden und
Berlin sind in. Diese Städte muss man wohl gesehen haben. Immer will ich nach
rechts die Elbe runter radeln, aber diesmal fahre ich über die alte Brücke nach
Dresden-Neustadt, um links in Richtung Meißen zu fahren. Eine junge Dame im
schreiendbunten Surfer-Outfit bitte ich mich zu fotografieren, mit dem
„Canaletto-Blick im Hintergrund. Die steht dafür nicht mal von ihrer Bank auf.
Auf dem Elberadweg ist schon viel Betrieb. Radlergruppen ohne Ende. Der Radweg
ist sehr aufwändig ausgebaut worden. Eine wunderbare Brückenkonstruktion führt
von einer Halbinsel zum Festland zurück. Mein Mittagsmahl besteht aus Blutwurst
und Brot, dazu Wasser. Das verzehre ich gemütlich auf einer Bank am Elberadweg.
Nach einigen
Stunden komme ich in Meißen an. Auch diese schöne Stadt ist komplett saniert.
Unterkunft bekomme ich in einer Art „Best exotic Marygold-Hotel“ in der
Burgstraße in Meißen. Ein Inder, dem diverse Gaststätten und Häuser in Meißen
gehören, hat in einem barocken Gebäude drei Zimmer zu vermieten. Mein Zimmer
ist im zweiten Stock. Die überbreite steinerne Treppe kann man mit einem Esel
raufreiten. Die Wände sind einen halben Meter dick. Die Decke ist etwa 3,40 m
hoch. Das Zimmer ist dramatisch kalt und die Heizung ist vollkommen
überfordert. Ich ringe die Hände, aber leider habe ich den guten Mann schon 47
€ für die Übernachtung bezahlt. Wie sich heraus stellt, hat der gute Mann mir
das Zimmer als Doppelzimmer ohne Frühstück in Rechnung gestellt. Was heißt hier
Rechnung, nicht mal eine Quittung habe ich bekommen. Nur den Schlüssel! Abends
sitze ich in einer uralten Gaststätte „Im Fuchsloch“. Hier klöne ich mit einem
Pensionär der Porzellanmanufaktur Meißen. Er war Former für die Gipsformen von
Tellern und Tassen. „Meißen“ ist nach der Wende gut über die Runden gekommen.
Die können wohl jeden Preis durchsetzen, meint er.
Um 22 Uhr
kehre ich in mein kaltes Loch zurück und hoffe, dass ich über Nacht nicht
erfriere.
Das Leben ist schön.
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