Freitag, 4. Mai 2012


7. Tag Fahrradreise durch Ostdeutschland
Bahn Berlin/Ostbahnhof – Frankfurt/Oder
Frankfurt/Oder - Guben

Es ist Montagsmorgen und wohl um die Null Grad. Ich fahre durch brausenden Verkehr und gegen starken Gegenwind bis zur Brücke Warschauer Straße. Dazu habe ich mit meinen 72 Jahren wenig Lust. Versuche eine Auskunft von den eilenden Passanten zu bekommen, wo hier ein Bahnhof für den Zug nach Frankfurt/Oder ist. Daß mal das jemand weiß! „Ne, hier nicht. Frankfurt? Hier ist nur S-Bahn“. Dabei kann ich in der Ferne den riesigen Bahnhof Berlin-Ost erkennen. So plietsch sind die Berliner hier auch nicht mehr. Ich radele an mit Grafiti beschmierten Häusern vorbei zum Ostbahnhof. Schnell die Fahrkarte gekauft und natürlich mein Rad zum falschen Bahnsteig hochgeschleppt und wieder runter und wieder hoch zum richtigen Bahnsteig, wo ich im letztem Augenblick meinen Zug nach Frankfurt/Oder erwische. Ununterbrochen zieht das Berliner Häusermeer am Zug vorbei und dann nur noch endlose Fichtenwälder. Ab und zu riesige Rapsfelder, die noch nicht gelb erblüht sind. Gegen 11 Uhr bin ich in Frankfurt/Oder und radle leider, leider, immer gegen den Wind Richtung Guben. Das raubt mir Kraft und Lust. Von der Oder sehe ich nichts. Ich fahre auf direkten Weg in Richtung Eisenhüttenstadt und weiter zum Barockkloster Neuzelle. Das einzige erhaltene Barock-Stift in Norddeutschland. Hier hat man viel Geld in die Hand genommen, um das Kloster mit den Barockkirchen wieder instandzusetzen. Ich interessiere mich mehr für das gleich daneben befindliche Brauhaus und ärgere mich, dass ich nur Flaschenbier bekomme, das auch noch eiskalt ist. Ich klappere sowieso schon vor Kälte mit den Zähnen. Ich mache, dass ich weiterkomme.
Um 16 Uhr komme ich in Guben an, das ich schon vor Jahren besucht hatte. Damals war ich erschüttert, über den Zustand der Stadt. Jetzt erkennt man Guben nicht mehr wieder. Straßen und Häuser neu. Viele schreckliche leer stehende Industriebauten wurden abgerissen und Grünflächen angelegt. Die Innenstadt ist verkehrsberuhigt worden. Aber auch hier Leerstand wo man hinschaut. Hier sind zweidrittel der Bewohner weggezogen. Auch der polnische Teil von Guben wird restauriert. Der große Polenmarkt ist weitgehend verschwunden. Die Preise haben sich angeglichen. Blumen und Pflanzen werden noch gekauft und das Benzin ist etwa 20 Cent preiswerter in Polen. Friseur, Schuhmacher und ähnliche Dienstleistungen werden noch günstig angeboten. Die Pension kostet 25 €. Die Unterkunft ist auch nicht mehr wert. Das Klo muss man sich mit anderen Gästen teilen. Ich war aber der einzige Gast. Ich werde doch wohl nicht pennschieterig? Was macht man abends in Guben? Man sieht fern.
Das Leben ist schön..
Heiner Fosseck

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