7. Tag Fahrradreise durch
Ostdeutschland
Bahn Berlin/Ostbahnhof – Frankfurt/Oder
Frankfurt/Oder - Guben
Es ist
Montagsmorgen und wohl um die Null Grad. Ich fahre durch brausenden Verkehr und
gegen starken Gegenwind bis zur Brücke Warschauer Straße. Dazu habe ich mit
meinen 72 Jahren wenig Lust. Versuche eine Auskunft von den eilenden Passanten
zu bekommen, wo hier ein Bahnhof für den Zug nach Frankfurt/Oder ist. Daß mal
das jemand weiß! „Ne, hier nicht. Frankfurt? Hier ist nur S-Bahn“. Dabei kann
ich in der Ferne den riesigen Bahnhof Berlin-Ost erkennen. So plietsch sind die
Berliner hier auch nicht mehr. Ich radele an mit Grafiti beschmierten Häusern
vorbei zum Ostbahnhof. Schnell die Fahrkarte gekauft und natürlich mein Rad zum
falschen Bahnsteig hochgeschleppt und wieder runter und wieder hoch zum
richtigen Bahnsteig, wo ich im letztem Augenblick meinen Zug nach
Frankfurt/Oder erwische. Ununterbrochen zieht das Berliner Häusermeer am Zug
vorbei und dann nur noch endlose Fichtenwälder. Ab und zu riesige Rapsfelder,
die noch nicht gelb erblüht sind. Gegen 11 Uhr bin ich in Frankfurt/Oder und
radle leider, leider, immer gegen den Wind Richtung Guben. Das raubt mir Kraft
und Lust. Von der Oder sehe ich nichts. Ich fahre auf direkten Weg in Richtung
Eisenhüttenstadt und weiter zum Barockkloster Neuzelle. Das einzige erhaltene
Barock-Stift in Norddeutschland. Hier hat man viel Geld in die Hand genommen,
um das Kloster mit den Barockkirchen wieder instandzusetzen. Ich interessiere
mich mehr für das gleich daneben befindliche Brauhaus und ärgere mich, dass ich
nur Flaschenbier bekomme, das auch noch eiskalt ist. Ich klappere sowieso schon
vor Kälte mit den Zähnen. Ich mache, dass ich weiterkomme.
Um 16 Uhr
komme ich in Guben an, das ich schon vor Jahren besucht hatte. Damals war ich
erschüttert, über den Zustand der Stadt. Jetzt erkennt man Guben nicht mehr
wieder. Straßen und Häuser neu. Viele schreckliche leer stehende
Industriebauten wurden abgerissen und Grünflächen angelegt. Die Innenstadt ist
verkehrsberuhigt worden. Aber auch hier Leerstand wo man hinschaut. Hier sind
zweidrittel der Bewohner weggezogen. Auch der polnische Teil von Guben wird
restauriert. Der große Polenmarkt ist weitgehend verschwunden. Die Preise haben
sich angeglichen. Blumen und Pflanzen werden noch gekauft und das Benzin ist
etwa 20 Cent preiswerter in Polen. Friseur, Schuhmacher und ähnliche
Dienstleistungen werden noch günstig angeboten. Die Pension kostet 25 €. Die
Unterkunft ist auch nicht mehr wert. Das Klo muss man sich mit anderen Gästen
teilen. Ich war aber der einzige Gast. Ich werde doch wohl nicht
pennschieterig? Was macht man abends in Guben? Man sieht fern.
Das Leben ist
schön..
Heiner
Fosseck
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