11. Tag. Fahrradreise durch
Ostdeutschland
Meißen - Strehla
Das Wetter
ist schön und sonnig als ich frühmorgens aus Meißen abfahre. Der kalte starke
Wind kommt von vorn. Gegen diesen Wind
komme ich nur langsam und mühsam gegen an.
Von Kleinzadel setze ich mit einer Gierfähre nach Niedermuschütz über die Elbe. Ich bin
der einzige Fahrgast und der Fährpreis beträgt 1,70 €. Vor 10 Jahren kostete
das 1 DM. Hier auf der linken Elbseite ist ein sehr schöner Radweg und ich
schaue lange einem Storchenpaar zu, das hoch oben im Nest auf einem
Laternenpfahl sitzend, sich gerade beim Brüten ablöst. In Riesa löffle ich einsam
in einer einfachen Gaststätte einen riesigen Pott voller Nudelsuppe. Hier muss
man immer froh sein, wenn eine Gaststätte geöffnet hat. Ein ruppiger Radfahrer
fährt mich beinahe über dem Haufen, als ich gerade absteigen will. Die üblichen
theatralischen Anpöbeleien sind nicht zu vermeiden. Die Leute, die hier noch
wohnen haben es auch schwer. In einem Geschäft lese ich „Tapetenleim 1a
DDR-Qualität.“ Soll das eine Warnung sein? Am Rande der Stadt Riesa warte ich
mit einer Dame 7 Minuten, bis wir endlich über die Straße kommen. „Heil hier
über die Straße zu kommen ist wie ein Lotteriegewinn,“ meint sie. Recht hat
sie.
Strehla hat
eigentlich alles. Ein großes schönes Schloss, das die Adelsfamilie Plugk fast
600 Jahre bewohnte. 1945 war dann Schluss. Eine schöne Kirche mit einem
intakten Friedhof um die Kirche. Einen übergroßer Marktplatz mit restaurierten
Bürgerhäusern rundherum, aber die große Gaststätte„ Der goldene Löwe“ steht
seit mindestens 12 Jahren leer. Eine armselige Bäckerei und eine Sparkasse, das
war es dann. Im Internet kann man diverse Restaurants in Strehla entdecken.
Aber ich habe mit Schwierigkeiten nur unterhalb des Schlosses „Die Sportklause“
entdeckt. Hier war endlich mal was los. Junge Männer spielten Tischtennis oder
kegelten im Souterrain. Hier konnte man gut und preiswert den Abend verbringen.
Die
eigentlich erste Begegnung zwischen der Roten Armee und der amerikanischen
Streitkräften fand hier in Strehla an der Elbe statt. Ein Offizier und ein paar
amerikanische Soldaten paddelten in einem Kahn über die Elbe. Dort trafen sie
auf Rotarmisten. Der Wodka floss in Strömen und man verbrüderte sich. Rundherum
lagen hunderte von zerfetzten deutschen Leichen. Frauen, Kinder und alte Männer
waren ein paar Tage vorher bei einem Artillerieüberfall der Roten Armee hier am
Elbeufer umgekommen. Es war nicht angebracht nun hierher Fotografen und
Kriegsberichterstatter einzuladen, um das historische Zusammentreffen der
beiden Armee zu dokumentieren. Die offizielle Zeremonie fand ein paar Tage
später im Beisein hoher Militärs in Torgau statt.
Eisig ist der
Wind als ich ins Hotel zurückkehre. Ob ich auf dieser Reise noch mal ohne
Pullover, dicken Schal und Windjacke auskommen werde?
Das Leben ist
schön.
Heiner
Fosseck
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