Bad Muskau - Görlitz
Den Park des Fürsten Hermann von Pückler-Muskau
habe ich schnell abgehakt. Fürst Pückler war als tollkühn und rastlos bekannt.
Ich kannte den Mann nur als „Erfinder“ des Fürst-Pückler-Eises. Bei der Anlage
des Parks hatte sich der gute Mann übernommen und so verkaufte er Schloss, Park
und Herrschaft Muskau. Er zog auf sein Schloss Branitz bei Cottbus. Den Erlös
aus dem Verkauf von Muskau verwendete er, um das Schloss Branitz umbauen zu lassen und um erneut einen
Landschaftspark nach englischem Vorbild, den heutigen Fürst Pückler Park
anzulegen.
Ich radle
gegen kalten lebhaften Wind nach Weißwasser und steige am Bahnhof in dem Zug
nach Görlitz. Habe ich das nötig, mich den ganzen Tag auf dem Rad abzuquälen?
Nein! So bin ich schon um 11 Uhr in Görlitz angekommen. Die Innenstadt von
Görlitz wird immer schöner. Alle Gebäude werden denkmalgerecht restauriert.
Bunt und wie geleckt sehen die Bürgerhäuser aus. Nur wenige Menschen sehe ich
an diesem 18. April hier. Autos sind aus der Altstadt verbannt. Alles wirkt wie
ein einziges Freilichtmuseum. Die Touristenströme können kommen. Ich suche mir
ein Hotel in der Altstadt. Im „Zum dreibeinigen Hund“ wollten sie mich für eine
Nacht nicht haben, so bin ich im „Zum goldenen Engel“ gelandet, der seinem
Namen leider keine Ehre machte. Ich war hier der einzige Gast. Ich wandere
durch die Altstadt. Rüber über die Neißebrücke in den polnischen Teil der
Stadt. Auch hier wurde viel gebaut. Die Uferpromenade ist sehr gelungen und man
hat einen schönen Blick auf die Stadt und das Wahrzeichen von Görlitz: die
oberhalb der Neiße aufragende, aus einer spätromanischen Basilika
hervorgegangene spätgotische Pfarrkirche St. Peter und Paul-Kirche.
Irgendwas
hier auf der polnischen Seite zu kaufen
ist wenig interessant. Höchstens Zigaretten gibt es hier billiger. Die
Neonreklame einer Pension mit Night-Bar leuchtet sehr aufdringlich und ich
hoffe, dass hier nichts Unanständiges feil geboten wird. Die jungen polnischen
Mädchen, die auf der Uferpromenade lustwandeln, ziehen sich attraktiver an, als
viele junge Frauen in Deutschland. Die laufen teilweise rum, als wenn sie von
der Schicht kommen oder in den Krieg ziehen wollen.
Zurück in der
Altstadt komme ich an dem riesigen Sandsteingebäude von Karstadt/Hertie vorbei,
das in den letzten Jahrzehnten komplett saniert und restauriert worden war und
nun seit 2009 leer steht. Ein einziger Jammer. Es ist ein wunderschönes Haus
mit einem bunten Glasdach und Treppenaufgängen wie auf einem Ozeandampfer. Ein
Billigshop hat hier eine Teilfläche angemietet Wenn hier nicht bald etwas
Grundlegendes passiert, sehe ich dieses Haus untergehen. Wasserrohrbrüche in
den Pfeilern, Pinkelecken in den Nebeneingängen und natürlich die üblichen
Graffitischmierereien an der Fassade sind der Anfang.
Seit Jahren
ziehen westdeutsche Rentner nach Görlitz und bewohnen die hübschen Häuser in
der Altstadt. Ein pensionierter Polizeibeamter aus Düsseldorf erzählt mir, dass
er für 320 € eine Drei-Zimmerwohnung mit Gartenbenutzung bewohnt. „Steht hier
den noch viel leer?“ „Ja, überall dort wo keine Gardinen hängen“, ist die
Antwort. Viele Rentner ziehen auch schon wieder zurück nach Westdeutschland.
Sie fühlen sich hier in der Altstadt nicht heimisch. Er überlegt auch, ob er
wieder an den Rhein zurückziehen sollte.
In einer
vorzüglichen handwerklich arbeitenden Bäckerei hole ich mir erstklassigen
Mohnkuchen. Damit stopfe ich mich voll. Das ist mein Abendessen.
Das Leben ist
schön.
Heiner Fosseck
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