Freitag, 4. Mai 2012


12. Tag. Fahrradreise durch Ostdeutschland
Strehla - Torgau
Von Strehla nach Torgau sind es gerade mal 42 Kilometer. Der Wind kommt von vorn. Es ist sehr frisch an diesem Morgen. In Strehla sehe ich keinen Menschen. Kein Regen und Streben ist zu erkennen. Steil geht der Weg am Schloss vorbei. Im Schlosspark blüht und grünt es. Die Vögel sind sehr munter und ich versuche die einzelnen Gesänge zu identifizieren. Das gelingt natürlich nicht. Aber es ist schön, dass wenigsten sich die Vögel regen und um die Wette zwitschern. Das Schloss hat auch noch geschlossen, so fahre ich mit meinem schweren Rad auf dem guten Radweg Richtung Torgau. In dem Dorf Weßnig komme ich an Deutschlands erster Radfahrerkirche vorbei. Die Kirche wird erst wieder im Mai aufgemacht. Leider haben die auch das Dixiklo neben der Kirche verrammelt. So muss ich wieder in einer Gaststätte einen Kaffee trinken. Aber ich finde hier in der Diaspora mal eine Gaststätte die offen hat. Mittags erreiche ich Torgau. In das große Zentralhotel quartiere ich mich ein. Vor dem Hotel halten ein Panzerspähwagen und ein Mannschaftswagen mit aufgesessenen jungen Leuten, die auf mich teilnahmslos herabsehen. „Na, wollt ihr hier wieder in den Krieg ziehen?“ Auf meine Frage konnten die natürlich nicht antworten. Ich bin froh, dass sie nicht bewaffnet sind. Hier finden jährlich die Elb-Days statt. Gedenktage anlässlich der jährlichen Wiederkehr der Tage der Begegnung zwischen Russen und Amis an der Elbe. Deshalb der matriarchalische Aufzug der jungen Leute vor dem Hotel. Eine Gruppe alter Veteranen tapert über den großen Torgauer Marktplatz. Die erzählen sich wohl ihre glorreichen Taten im Weltkrieg II. Mitten auf dem Marktplatz spielt die „Top Dog Brass Band“.  Eis schleckende Mütter mit ihren Kindern und auf den Bänken sitzende alte Leute, so auch ich, hören der tollen Musikgruppe zu. Nach ein paar Musikstücken verkrümelt sich die Band. Der im Programm stehende Umzug zu den Elbwiesen mit der Band vorweg findet mangels Masse nicht statt. Ich gehe in das benachbarte Schloss. Im Burggraben leben zwei ausgewachsene Braunbären. Die haben mehr Auslauf als in Hagenbecks Tierpark. Die erste protestantische Kirche, von Martin Luther geweiht, befindet sich in der Schlosskapelle und in der Katharinenstraße Nr. 11 unterhalb des Schlosses, wohnte Katharina von Bora, Luthers Frau, nach dem Tode ihres Gemahls. Ein Spaziergang durch die Stadt schließt sich an. Beim Gedenkstein „der Begegnung“ ist ein schönes Restaurant. „Hier können 100 Leute speisen“, wird groß plakatiert, „ einer nach dem anderen“ wird der Satz komplettiert. „Heute geschlossen“ ist ein Schild an der Tür. Daneben hat ein Lokal „Wegen OP geschlossen“. Heute geschlossene Gesellschaft lese ich an einem dritten Lokal. In einem Geschäft für Berufsbekleidung lese ich ein Schild. „Berufsbekleidung für Gerichtsvollzieher zurzeit ausverkauft.“ Ein chinesischer Imbiss mit Stehtischen und eine schmuddelige Pizzeria sind geöffnet. Die taffe Leiterin des Zentral-Hotels spricht mich auf der Straße an:“ Na, haben sie noch nichts gefunden?“ „ Nein, leider noch nichts, “ antworte ich.“In dieser Stadt hält sich keine Gaststätte. Zuwenig Gäste.“ Auch das große Zentral-Hotel hat keinen Mittags- und Abendtisch mehr, obwohl großer Gastraum und perfekte Küche vorhanden sind. Schlussendlich lande ich in einer Wurstbude, die auch Tisch und Stuhl hat. Hier sehen die Gäste ein Fußballspiel Bayern gegen Madrid glaube ich. Um halb 10 Uhr abends liege ich im Bett  und höre das Knattern des Höhenfeuerwerks, aber da bin ich schon fast eingeschlafen.
Das Leben ist schön.
Heiner Fosseck

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